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Brexit: Risiko „EMIR“ bei Abschluss von Energiegroßhandelsverträgen über UK Broker21 January 2021

Durch den Brexit haben seit 1. Januar 2021 die meisten englischen Broker für Gas- und Stromverträge mit physischer Lieferung ihr Geschäft auf (verbundene) EU-Gesellschaften übertragen oder ihren Sitz in die EU verlegt. Vereinzelt finden sich aber noch immer Broker mit Sitz in Großbritannien, die ihre Handelsplattform in der Europäischen Union zur Verfügung stellen.

"Scheidet eine Qualifizierung als organisiertes Handelssystem aus, können physische Strom- und Gaslieferverträge nicht mehr von der Begriffsdefinition des Finanzinstruments ausgenommen werden."

Für Energiehandelsunternehmen in Deutschland ist hier größte Vorsicht geboten. Denn bei Nutzung britischer Plattformen ist seit dem 1. Januar 2021 die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister („EMIR“) auf physische Strom- und Gaslieferverträge anzuwenden.

Bis Ende 2020 waren solche Brokerplattformen in der Regel als organisierte Handelssysteme zu qualifizieren. Daher galten über diese Plattformen abgeschlossene Termingeschäfte über physische Strom- und Gaslieferungen nicht als Finanzinstrumente (siehe § 1 Abs. 11 Satz 6 Nr. 2 b) KWG). Infolgedessen waren solche Strom- und Gaslieferverträge lediglich im Rahmen der Reportingpflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts („REMIT“) zu melden.

Mit Inkrafttreten des Brexits steht nunmehr die Qualifikation der in UK ansässigen Broker als organisiertes Handelssystem in Frage. Es gibt erhebliche rechtliche Bedenken betreffend diese Einordnung mit unter Umständen tiefgreifenden Rechtsfolgen. Scheidet eine Qualifizierung als organisiertes Handelssystem aus, können physische Strom- und Gaslieferverträge nicht mehr von der Begriffsdefinition des Finanzinstruments im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 6 Nr. 2 b) KWG ausgenommen werden. Im Ergebnis wären daher die Regelungen der EMIR einschlägig.

Aufgrund der enormen praktischen Relevanz sowie den empfindlichen Sanktionen im Falle von Verstößen gegen die Vorgaben der EMIR, empfiehlt es sich dringend, diesen Themenkreis näher zu beleuchten (insbesondere, sich mit Meldepflichten nach EMIR auseinanderzusetzen) und kurzfristig die Risiken zu minimieren.

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