Willkommen zu unserer Mai 2022 Ausgabe des Öffentlichen Sektor Newsletters von Watson Farley & Williams.
In der aktuellen Ausgabe unseres Newsletters möchten wir wieder über derzeitigen Entwicklungen im Bereich des öffentlichen Sektors informieren.
Den großen Herausforderungen z.B. in den Bereichen Digitalisierung, Klima- und Umweltschutz sowie Energiewende wird zunehmend durch die Schaffung der politischen Rahmenbedingungen begegnet, die mit einer entsprechenden Regulierung flankiert werden. Die Geschwindigkeit der Festlegung neuer Strategien, Leitlinien und Rechtsrahmen zur Umsetzung der erforderlichen Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte ist enorm. Insbesondere werden zunehmend die Rechtsgrundlagen für eine staatliche (Ko-)Finanzierung solcher Projekte geschaffen, um die Realisierung zu beschleunigen.
Lösungsansätze zum Umgang mit Rohstoff- und Lieferengpässen – mit dem Thema des Monats möchten wir Sie über die Möglichkeiten zum Umgang mit der aktuellen Krisensituation in anstehenden, laufenden oder bereits abgeschlossenen Beschaffungsvorhaben informieren und aufzeigen, mit welchen Ansätzen sichergestellt wird, dass überhaupt Angebote eingehen und eine Bedarfsdeckung ermöglicht wird.
Zudem haben wir wieder eine Auswahl praxisrelevanter Entwicklungen in der Gesetzgebung sowie in der aktuellen Rechtsprechung zusammengestellt.
THEMA DES MONATS
Preisgleitklauseln in Verträgen – Lösungsansätze zum Umgang mit Rohstoff- und Lieferengpässen
Bereits die Coronapandemie führte zu einer erheblichen Belastung der (internationalen) Lieferketten, so dass es zu ersten Rohstoff- und Lieferengpässen kam. Diese Entwicklung hat sich weiter infolge des Kriegsgeschehens in der Ukraine verschärft und führt zu einer zunehmenden Verknappung von Rohstoffen sowie explodierenden Energiekosten. Daraus resultieren erhebliche Preissteigerungen z.B. im Baugewerbe.
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen („BMWSB“) reagierte auf ebendiese Entwicklungen und erließ am 25. März 2022 einen Erlass über Lieferengpässe und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs („Erlass“). Der Erlass enthält Hinweise, wie öffentliche Auftraggeber diesen Herausforderungen vor, während und nach einem Vergabeverfahren begegnen können. Auf Grundlage dieses Erlasses haben auch zahlreiche Bundesländer eigene Handreichungen veröffentlicht, um Hilfestellungen für Beschaffungsmaßnahmen zu geben.
I. Anwendungsbereich
Der Erlass richtet sich aufgrund der Regelungskompetenz des BMWSB grundsätzlich an öffentliche Auftraggeber des Bundes. Allerdings hat z.B. das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg bereits angekündigt, den Erlass für den Bereich des staatlichen Hochbaus übernehmen zu wollen. Auch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hat mit Rundschreiben vom 31. März 2022 den Erlass für bayerische Landesbehörden für anwendbar erklärt.
Daraus ergibt sich, dass die Inhalte des Erlasses indizielle Wirkung für die Beschaffungsvorhaben sämtlicher öffentlicher Auftraggeber haben und Aufschluss darüber geben, wie in zukünftigen, laufenden oder abgeschlossenen Vergabeverfahren den Schwierigkeiten von steigenden Rohstoff- und Energiepreisen begegnet werden kann. Folglich können die getroffenen Aussagen in sämtlichen Beschaffungsbereichen und unabhängig von dem Auftragswert und damit der sog. Ober- oder Unterschelle als Hilfestellung herangezogen werden.
II. Inhalte des Erlasses
Der Erlass differenziert zwischen neuen und laufenden Vergabeverfahren sowie Anpassungen in bestehenden Verträgen.
1. Für neu durchzuführende Vergabeverfahren stellt der Erlass klar, dass diese trotz der mit den Preissteigerungen einhergehenden Unwägbarkeiten durchzuführen sind, sofern Ausschreibungsreife besteht. Insofern sollen die Instrumente des Vergabe- und Vertragsrechts zur Problemlösung herangezogen werden.
Der Erlass gibt mit Verweis auf die Richtlinie zum Formblatt 225 VHB vor, dass vor Einleitung von Vergabeverfahren sog. Stoffpreisklauseln für Bau- und Betriebsstoffe in die Vergabeunterlagen aufzunehmen sind, um dem durch den Ukraine-Krieg nicht kalkulierbaren Preisrisiko entgegentreten zu können. Dies gilt indes nur dann, wenn der Zeitraum zwischen Angebotsabgabe und Lieferung oder Fertigstellung einen Monat überschreitet und der Stoffkostenanteil des betroffenen Stoffes wertmäßig mindestens 1 Prozent der von der Vergabestelle geschätzten Auftragssumme beträgt. Die Richtlinie zum Formblatt 225 VHB sieht dabei vor, wie die Indizes zu berechnen und die Stoffpreisgleitklausel auszugestalten ist.
Unabhängig von den engen Vorgaben der Richtlinie zum Formblatt 225 VHB ist öffentlichen Auftraggebern die Aufnahme derartiger Stoffpreisgleitklauseln (oder auch Wertsicherungs- oder Preisgleitklauseln) in die Vertragsunterlagen zu empfehlen. Zumal öffentliche Auftraggeber außerhalb der Bundesverwaltung nicht an diese Vorgaben gebunden sind, sondern eigene Stoffpreisgleitklauseln entwerfen können. Es empfiehlt sich dabei, an einen objektiven Wert in Form eines bereits bestehenden Index, wie etwa dem Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte des Statistischen Bundesamtes anzuknüpfen. Hierdurch kann eine objektive Abbildung der steigenden Preise und ein angemessener Interessenausgleich erfolgen.
Weiterhin sollen zur Sicherstellung des Wettbewerbs die Vertragsfristen der aktuellen Situation angepasst und Vertragsstrafen nur in begründeten Ausnahmefällen vereinbart werden. In Hinblick auf die Vertragsfristen ist dabei zu empfehlen, diese von den Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen und gegebenenfalls im Verhandlungsverfahren festzulegen. Von Vertragsstrafen sollte hingegen gänzlich abgesehen werden, da diese das Risiko der Materialbeschaffung in der gegebenen Situation gänzlich auf den Auftragnehmer abwälzen und dieser sein Angebot entsprechend höher kalkulieren oder ganz vom Vergabeverfahren Abstand nehmen wird.
2. Für laufende Vergabeverfahren stellt der Erlass klar, dass – sofern die Angebotseröffnung noch nicht erfolgt ist – Stoffpreisgleitklauseln nachträglich in die Vergabeunterlagen bzw. in das Vertragswerk einbezogen werden können und die Angebotsfrist dann zu verlängern ist. Auch sind Bieterfragen zur Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel grundsätzlich zu entsprechen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Zeitraum zwischen Angebotsabgabe und Lieferung oder Fertigstellung einen Monat unterschreitet oder der Stoffkostenanteil des betroffenen Stoffes wertmäßig ein Prozent der von der Vergabestelle geschätzten Auftragssumme unterschreitet.
Auch hier gilt, dass aufgrund der indiziellen Wirkung des Erlasses öffentlichen Auftraggebern außerhalb der Bundesverwaltung Spielraum für die Anpassung der Vertragsunterlagen im bereits laufenden Vergabeverfahren eingeräumt wird, um den steigenden Material- und Energiepreisen entgegentreten zu können. Ist die Angebotseröffnung bereits erfolgt, ohne dass eine Stoffpreisgleitklausel in die Vertragsunterlagen aufgenommen wurde, so ist das Verfahren zur Vermeidung von Streitigkeiten bei der Auftragsausführung in den Stand vor der Angebotsabgabe zurück zu versetzen, um Stoffpreisgleitklauseln einbeziehen und ggf. Ausführungsfristen verlängern zu können. Indes ist die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens wegen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Entwicklung Material- und Energiepreisen nicht in den vergaberechtlichen Vorschriften von VgV und (EU) VOB/A vorgesehen. Dies stellt läuft zudem dem Vertrauensschutz der Bieter und der Verpflichtung zur Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften aus § 97 Abs. 6 GWB entgegen, sodass es einer entsprechenden Rechtsgrundlage bedarf.
Als solche lässt sich die Vorschrift des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VgV bzw. § 17 Abs. 1 Nr. 3 (EU) VOB/A heranziehen. Danach kann ein Vergabeverfahren immer dann aufgehoben werden, wenn neben einem unwirtschaftlichen Ergebnis der Ausschreibung (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VgV) „andere schwerwiegende Gründe“ bestehen. Von der Rechtsprechung ist dabei anerkannt, dass die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens als milderes Mittel gegenüber der Aufhebung zulässig ist (BGH, Beschluss vom 26. September 2006 – X ZB 14/06).
Vor dem Hintergrund des Erlasses können damit die Unwägbarkeiten im Hinblick auf die unvorhersehbaren Preissteigerungen und die damit verbundenen Streitigkeiten als solch einen „schwerwiegenden Grund“ angesehen werden. Dies leuchtet auch deshalb ein, da die Vorschrift darauf abzielt, den Auftraggeber vor unwirtschaftlichen Folgen der Auftragsausführung – wie etwa Streitigkeiten über die Anpassung des Preises – zu schützen.
3. Schließlich enthält der Erlass verschiedene Vorgaben, wie im Falle bereits bestehender Verträge zu verfahren ist.
Der Erlass stellt klar, dass es sich bei nicht oder vorübergehend nicht, auch nicht gegen höhere Einkaufspreise als kalkuliert, beschaffbaren Produkten um einen Fall der höheren Gewalt bzw. um ein nicht abwendbares Ereignis i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) VOB/B handelt. Dementsprechend sind die Ausführungs- bzw. Lieferfristen um die Dauer der Nichtlieferbarkeit zuzüglich eines angemessenen Aufschlags für die Wiederaufnahme der Arbeiten gemäß § 6 Abs. 4 VOB/B zu verlängern. Weiter stehen dem Auftraggeber keine Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche gegen den Aufragnehmer zu. Umgekehrt gerät aber auch der Auftraggeber gegenüber den Folgegewerken nicht in Annahmeverzug, wenn sich deren Leistung in der Folge verschieben muss (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 – VII ZR 194/13).
Zudem wird festgehalten, dass die Erhöhung der Produktpreise eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.d. § 313 Abs. 1 BGB darstellen, woraus für den Auftragnehmer ein Anspruch auf die Anpassung des Vertrages erwächst. Dem Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage liegt dabei der Gedanke zu Grunde, dass Verträge immer dann anzupassen sind, wenn beide Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (stillschweigend) übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass sich die Umstände, auf denen der Vertrag geschlossen wurde (d.h. die Geschäftsgrundlage), nicht ändern. Kommt es aber zu einer solchen Änderung, die die Parteien nicht vorhergesehen haben und auch nicht vorhersehen konnten, so kann der Vertrag angepasst werden, sofern das Risiko der Änderung der Umstände nicht einer Partei durch den Vertrag oder das Gesetz zugewiesen ist und die Anpassung der jeweils anderen Partei zumutbar ist.
Nach dem Erlass stellt der Ukraine-Krieg und die hieraus folgenden Preissteigerungen eine solche unvorhersehbare Änderung der Geschäftsgrundlage dar, sodass die Verträge anzupassen sind. Hieran ändert es auch nichts, dass das Risiko der Materialbeschaffung typischerweise dem Auftragnehmer zugewiesen ist, da dies nicht für Fälle höherer Gewalt gelte.
In Bezug auf die Höhe der Anpassung, bis zu der den Parteien die Preisanpassung zumutbar ist, ist auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen. Starre Festlegungen sind in der Praxis kaum zielführend. Vielmehr ist die Frage der Zumutbarkeit im Wege einer Gesamtbetrachtung zu beantworten, in die die tatsächlichen Mehrkosten, der Anteil des Produktes am Gesamtvolumen des Auftrags, den gegebenenfalls entstehenden Verzögerungen bei Realisierung des Projekts, der Dringlichkeit der Fertigstellung, das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung bei Unnachgiebigkeit, Folgekosten einer gescheiterten Einigung sowie die Betrachtung von sonstigen Alternativen einzustellen sind.
In diese Richtung weist auch der Erlass, wenn es dort heißt:
„Dabei ist nicht auf die einzelne Position, sondern auf eine Gesamtbetrachtung des Vertrages abzustellen. Je geringer der Anteil einer betroffenen Position am Gesamtauftragsvolumen ist, desto höher wird die anzusetzende Schwelle sein. […] Eine ohne Vertragsanpassung drohende Insolvenz des Unternehmens ist einerseits zwar nicht Voraussetzung, andererseits genügt es nicht, wenn die höheren Materialpreise den kalkulierten Gewinn aufzehren.“
Zu beachten ist auch, dass eine Verweigerung des öffentlichen Auftraggebers zur Anpassung der Preise für die Realisierung des Projekts kaum zielführend ist und auch keine Alternativen zur Verfügung stehen. Dem öffentlichen Auftraggeber sind wegen der Marktlage gewissermaßen die Hände gebunden, sodass ein kooperativer Ansatz erfolgsversprechender ist als die Vorgabe einer starren Prozentregelung. Jedoch wird die Übernahme von mehr als die Hälfte der Mehrkosten nach dem Erlass für den Auftraggeber unzumutbar sein. Grundlage für die Anpassung sind die reinen Materialpreise.
Kann die Zumutbarkeit für die Parteien nicht hergestellt werden, so steht dem Auftragnehmer gemäß § 313 Abs. 3 BGB ein Rücktrittsrecht zu.
Der Erlass weist gemäß den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen darauf hin, dass allein der Auftragnehmer die Preissteigerungen darzulegen und zu beweisen hat, indem er seine Urkalkulation offenlegt und die Preissteigerung mit Hilfe von Nachweisen – wie etwa Indizes oder Rechnungen aus vergangenen Aufträgen – plausibilisiert.
Zudem wird weiter darauf hingewiesen dass gemäß § 58 BHO (für die Länder gilt inhaltsgleich § 58 der entsprechenden LHO) Verträge zum Nachteil des Bundes und zu Gunsten der Unternehmen auch unterhalb der Schwelle der gestörten Geschäftsgrundlage geändert werden können. Erforderlich ist das Vorliegen eines begründeten Ausnahmefalls oder wenn dies für den Staat zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Für Kommunen können entsprechende Leitlinien aus dem haushaltsrechtlichen Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit abgeleitet werden.
Für den Begriff des „Nachteils“ in § 58 BHO/LHO sowie für das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist eine Gesamtabwägung aller Vor- und Nachteile der jeweiligen Beschaffungsmaßnahme anzustellen. Ergibt sich aus dieser Abwägung demnach, dass eine Anpassung von Preisen den termingerechten Fortgang einer Beschaffungsmaßnahme fördert, Auseinandersetzungen an anderer Stelle vermieden werden könne, Verwaltungsaufwand und Folgekosten (etwa durch längere Nutzung eines Ersatzmietobjekts) erspart werden, dann liegt bereits kein Nachteil in diesem haushaltsrechtlichen Sinne vor und ist das Gebot von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gewahrt.
Schließlich geht der Erlass darauf ein, dass eine nachträgliche Änderung von Verträgen, im Falle der Preissteigerungen oder der Nichtverfügbarkeit von Materialen nicht wesentlich i.S.d. § 132 Abs. 1 Satz 1 GWB ist und somit nicht zu der grundsätzlich gebotenen Verpflichtung zur Neuausschreibung bei wesentlicher Auftragsänderung führt. Denn zum einen werde durch eine derartige Änderung – wie sie hier erläutert wurde oder durch die nachträgliche Aufnahme einer Stoffpreisgleitklausel erfolgen kann – das wirtschaftliche Gleichgewicht gerade nicht zugunsten des Auftragnehmers verschoben (§ 132 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GWB). Vielmehr wird dieses wieder hergestellt, wobei zu beachten ist, dass die Vertragsanpassung nicht zu einer Besserstellung des Auftragnehmers führen darf. Insofern sind auch deshalb die Preissteigerungen konkret nachzuweisen.
Zudem ist eine Auftragsänderung gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB immer dann zulässig, wenn die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte. Dies entspricht der Konstellation des § 313 Abs. 1 BGB, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.
III. Geänderter Beihilfenrahmen
Da grundsätzlich der Erlass von bestehenden Forderungen oder Vertragsänderungen zugunsten von Unternehmen auch beihilferechtliche Bedeutung haben, können diese Möglichkeiten durch einen geänderten Beihilferechtsrahmen der Europäischen Union flankiert werden. Die Mitteilung der Europäischen Kommission „Befristeter Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine 2022/C 131 I/01“ vom 24. März 2022 erklärt, dass durch den Krieg in der Ukraine und der wirtschaftlichen Folgen eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben der Mitgliedsstaaten i.S.d. Art. 107 Abs. 3 Buchs. b) AEUV vorliegt. Daher können unter bestimmten Voraussetzungen bspw. Beihilfen in Form von „Zuschüssen […] Vergünstigungen in Bezug auf andere Zahlungen oder etwa in Form von rückzahlbaren Vorschüssen, Garantien, Darlehen oder Eigenkapital“ bis zu einer Höhe von EUR 400.000,00 gewährt werden. Im Einzelfall können unter weiteren Voraussetzungen Beihilfen bis zu EUR 25 Millionen (bzw. für Unternehmen, die in bestimmten Wirtschaftszweigen wie der Erzeugung von Aluminium und anderen Metallen tätig sind, bis zu EUR 50 Millionen) gewährt werden.
IV. Fazit
Insgesamt wird deutlich, dass das Vergabe- und Vertragsrecht ausreichende Instrumente bietet, um den gegenwärtigen Herausforderungen durch Rohstoff-, Material- und Energiepreise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, interessengerecht gelöst werden können. Hierbei bedarf es – da konkrete Vorgaben aufgrund der Vielschichtigkeit der Projekte der öffentlichen Hand durch das Gesetz kaum möglich sind – eines kooperativen Ansatzes einerseits aber auch einer angemessenen Nachweisführung durch die Unternehmen andererseits, um eine Bereicherung vermeiden zu können.