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Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Konfliktpunkte und Risiken im Bau und Anlagenbau3 February 2023

"Mit dem LkSG wird erstmals die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten sowie bestimmter Umwelt- und Sozialstandards im eigenen Unternehmen und entlang (globaler) Lieferketten gesetzlich geregelt."

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz — LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Mit dem LkSG wird erstmals die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten sowie bestimmter Umwelt- und Sozialstandards im eigenen Unternehmen und entlang (globaler) Lieferketten gesetzlich geregelt.

Während die aus dem Gesetz resultierenden Auswirkungen auf den Handel, insbesondere die Bekleidungsindustrie, vielfach diskutiert werden, wurde dem Gesetz in anderen Bereichen bislang nur begrenzte Beachtung geschenkt.

Dabei gilt es beispielsweise für die Baubranche, insbesondere für Auftragnehmer und ihre Nachunternehmer bei der Gestaltung künftiger, aber auch bei der Abwicklung bestehender Verträge die neuen gesetzlichen Regelungen im Blick zu haben.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz im Überblick

Bisher war die Berücksichtigung von Corporate-Social-Responsibility-Leitlinien freiwillig. Nun verpflichtet das LkSG Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten sowie bestimmter Umwelt- und Sozialstandards durch die Umsetzung im Gesetz näher definierter Sorgfaltspflichten. Dies gilt ungeachtet ihrer Rechtsform und egal, ob sie nach deutschem, europäischem oder sonstigem Recht gegründet wurden, solange sie nur ihre Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder ihren Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder auch nur eine Zweigniederlassung gemäß § 13d des Handelsgesetzbuchs in Deutschland haben. Zunächst sind ab 2023 nur Unternehmen mit mindestens 3.000 Arbeitnehmern, ab 2024 dann auch Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern im Inland (inkl. Leiharbeitern) betroffen.  Bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl sind auch Leiharbeiter zu berücksichtigen und bei verbundenen Unternehmen im Sinne von § 15 Aktiengesetz alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften.

"Dabei gilt es beispielsweise für die Baubranche, insbesondere für Auftragnehmer und ihre Nachunternehmer bei der Gestaltung künftiger, aber auch bei der Abwicklung bestehender Verträge die neuen gesetzlichen Regelungen im Blick zu haben."

Das LkSG soll beispielweise Kinderarbeit, Verwendung von Quecksilber, Trinkwasserverschmutzung, Diskriminierung (z.B. Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung) und Ausbeutung (z.B. Zwangsarbeit, Sklaverei, keine oder zu geringe Lohnzahlung) sanktionieren und verhindern. Die auferlegten Sorgfaltspflichten beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich, auf das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln weiterer (mittelbarer) Zulieferer und Nachunternehmer. Damit endet die Verantwortung der Unternehmen nicht länger am eigenen Werkstor, sondern erstreckt sich auf die gesamte (globale) Lieferkette. Anknüpfungspunkte für den Begriff der Lieferkette sind der eigene Geschäftsbereich, unmittelbare Lieferanten und Auftragnehmer sowie mittelbare Lieferanten und Auftragnehmer. Für die einzelnen Bereiche gelten dabei jeweils unterschiedliche Sorgfaltsanforderungen.

Zu den Kernelementen der Sorgfaltspflichten gehört die Einrichtung eines Risikomanagements, um u.a. die Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Schädigungen der Umwelt zu identifizieren, zu vermeiden oder zu minimieren. Einem solchen Risikomanagement zugrunde liegende Risikoanalyse hat in einem jährlichen Turnus zu erfolgen. Basierend auf dem Ergebnis der Analyse, ist gemäß § 7 Abs. 1 LkSG das Unternehmen verpflichtet, unverzüglich nach Aufdeckung von Verletzungen durch die Risikoanalyse geeignete Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Andernfalls setzt sich das deutsche Unternehmen dem Risiko eines Bußgeldes aus, und muss unabhängig davon zudem darauf hinwirken, dass die Verstöße beseitigt werden. Bei schwerwiegender Verletzung der Schutzgüter ist das Unternehmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 LkSG angehalten, die Geschäftsbeziehung zum verletzenden Vertragspartner als ultima ratio abzubrechen.  Stellt das Unternehmen die Verstöße nicht ab, kann es – unter zur Hilfenahme von Zwangsmaßnahmen – zur Umsetzung gezwungen werden.

Das Bußgeld kann bis zu 800.000 Euro pro Verstoß, bei juristischen Personen/Personenvereinigungen mit einem  durchschnittlichen Jahresumsatz von 400 Millionen Euro und mehr, zusätzlich bis zu 2 % des weltweiten Jahresumsatzes betragen – bei einem Umsatz von 400 Millionen Euro wäre damit ein erhöhtes Bußgeld von bis zu 8 Millionen möglich. Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Jahresumsatzes der juristischen Person/Personenvereinigung ist der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen sowie aller Personenvereinigungen der letzten drei Geschäftsjahre zugrunde zu legen, soweit diese Personen/Personenvereinigungen als wirtschaftliche Einheit operieren.

Sofern die Geldbuße einen Schwellenwert von 175.000 Euro überschreitet, kann zusätzlich zur Geldbuße das Unternehmen bis zur nachgewiesenen Selbstreinigung nach § 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bis zu drei Jahren mittels Eintragung in das Wettbewerbsregister von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Die Folgen von Verstößen können also wirtschaftlich gravierend sein.

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"Das Bußgeld kann bis zu 800.000 Euro pro Verstoß, bei juristischen Personen/Personenvereinigungen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von 400 Millionen Euro und mehr, zusätzlich bis zu 2 % des weltweiten Jahresumsatzes betragen – bei einem Umsatz von 400 Millionen Euro wäre damit ein erhöhtes Bußgeld von bis zu 8 Millionen möglich."

Sofern die Geldbuße einen Schwellenwert von 175.000 Euro überschreitet, kann zusätzlich zur Geldbuße das Unternehmen bis zur nachgewiesenen Selbstreinigung nach § 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bis zu drei Jahren mittels Eintragung in das Wettbewerbsregister von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Die Folgen von Verstößen können also wirtschaftlich gravierend sein.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz im Bau- und Anlagebau

Bei (internationalen) Bau- und Anlagenbauprojekten ist es die Regel, dass zahlreiche Arbeiten von Nachunternehmern des Auftragnehmers ausgeführt werden, welche für die jeweilige Aufgabe besondere Qualifikationen oder Kostenvorteile einbringen können. Der Auftraggeber hat mit dem Auftragnehmer einen einzigen Vertragspartner, während der Auftragnehmer sich regelmäßig einer Vielzahl von Nachunternehmern bedient bzw. bedienen muss. Dabei stehen Auswahl und Anzahl der Nachunternehmer grundsätzlich im Ermessen des Auftragnehmers. Somit gehören auch die Tätigkeiten des Nachunternehmers zur Lieferkette des deutschen Auftragnehmers und fallen damit in den Anwendungsbereich des LkSG, weswegen insofern auch die Achtung der Menschenrechte sowie bestimmter Umwelt- und Sozialstandards bei den Nachunternehmern durch den Unterauftraggeber kontrolliert werden muss. Zudem könnte das deutsche Unternehmen Nachunternehmer für ein im Ausland ansässigen Unterauftraggeber sein.

Diese Problematik stellt sich sowohl für Bestands- als auch für Neuverträge. Auch in bereits laufenden Bauvorhaben müssen seit dem 1. Januar 2023 die Vorgaben aus dem LkSG eingehalten werden.

Problematik: Vorgabe von Nachunternehmern -Klauseln vor dem Hintergrund des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

"Diese Problematik stellt sich sowohl für Bestands- als auch für Neuverträge. Auch in bereits laufenden Bauvorhaben müssen seit dem 1. Januar 2023 die Vorgaben aus dem LkSG eingehalten werden."

Zusätzliche Schwierigkeiten im Hinblick auf das LkSG können dabei vor allem dann auftreten, wenn der Auftraggeber bestimmte Nachunternehmer vorgibt.

Eine Vorgabe von Nachunternehmern liegt vor, wenn der Auftraggeber sich das Recht vorbehält, bestimmte Personen als Nachunternehmer zu benennen, welche spezifische Teile der Gesamtleistung ausführen sollen. Hierfür muss der Nachunternehmer nicht zwingend Vertragspartei neben Auftraggeber und -nehmer sein. Es reicht ein Vertragsverhältnis ausschließlich mit dem Auftragnehmer. Im Falle der Übernahme solcher Klauseln in den Vertrag verliert der Auftragnehmer seine Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die Auswahl von Nachunternehmern und trägt damit das wirtschaftliche Risiko der Nichteinhaltung der Schutzgüter des LkSG, obwohl er auf die Auswahl des Nachunternehmers keinen Einfluss nehmen konnte.

Im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten des LkSG erweisen sich Klauseln mit der Vorgabe von Nachunternehmern für die betroffenen Unternehmen als höchst problematisch. Denn zum einen müssen Auftragnehmer vertraglich zwingend mit einem Nachunternehmer zusammenarbeiten, der möglicherweise LkSG-relevante Schutzgutverletzungen begeht bzw. diese entlang der Lieferkette des Nachunternehmers ungehindert zulässt. Zum anderen muss sich der Auftragnehmer an die Vorgaben des LkSG halten. Kommt es vor diesem Hintergrund zum Abbruch der Vertragsbeziehungen (oder der anfänglichen Nichtbeauftragung der vorgegebenen Nachunternehmer) mit dem vorgegebenen Nachunternehmer, verhält sich das deutsche Unternehmen zeitgleich vertragsbrüchig gegenüber dem Auftraggeber und riskiert somit Vertragsstrafen, Schadensersatzforderungen oder gar eine fristlose Kündigung des Bau- oder Anlagenbauvertrages.

"Auch Unternehmen, die jetzt noch nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, können der Verpflichtung zur Einhaltung des LkSG durch eine schuldrechtliche Vereinbarung ausgesetzt werden."

Lösungsansätze und Handhabungsvorschläge

Unternehmen sollten zwingend die Sorgfaltspflichten aus § 3 LkSG beachten, insbesondere ein Risikomanagement einrichten, zuständige Mitarbeiter benennen, regelmäßige Analysen durchführen, eine Beschwerdestelle einrichten, umfassende Schulungen durchführen und alle Maßnahmen gründlich dokumentieren.

Beim Abschluss von neuen Verträgen wird gerade bei der Vorgabe von bestimmten Nachunternehmern durch den Auftraggeber darauf zu achten sein, dass das Risiko eines Verstoßes gegen das LkSG bei der Partei liegen sollte, die den Nachunternehmer ausgewählt hat. Dem Auftragnehmer sollte daher ein Widerspruchsrecht bei der durch den Auftraggeber festgelegten Nachunternehmer zustehen. Zwar bleibt der Auftragnehmer weiter für die Erfüllung der Verpflichtungen unter dem LkSG verantwortlich, würde dann aber von etwaigen Schadensersatzforderungen und Vertragsstrafen durch Nichterfüllung des Bau- oder Anlagenbauvertrages befreit und im Innenverhältnis zwischen ihm und dem (Haupt)Auftraggeber von etwaigen Strafen freigestellt. Zudem sollte der Auftragnehmer im Bau- und Anlagenbauvertrag mit dem Auftraggeber eine Haftungsobergrenze vereinbaren.

Fazit und Ausblick

Besonders im internationalen Bau und Anlagenbau wird der Einfluss des LkSG deutlich zu spüren sein, da er in der Regel personal- und materialintensiv ist und damit naturgemäß eine höhere Anfälligkeit für Verletzungen von Menschenrechten, Umwelt- und Sozialstandards aufweist. Vorgabe von Nachunternehmern verschärft die Situation. Sie stellt Anlagenbauer vor die Wahl: verpflichtende Einhaltung der Anforderungen des LkSG auf der einen Seite oder Befolgung vertraglicher Vereinbarungen mit dem Auftraggeber auf der anderen Seite. Auftragnehmer dieser Branche werden zukünftig Klausel mit der Vorgabe von Nachunternehmern mit besonderer Sorgfalt prüfen und nachverhandeln müssen. Bestandsverträge sollten im Hinblick auf die vorgenannten Haftungsrisiken evaluiert werden.

Auch Unternehmen, die jetzt noch nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, können der Verpflichtung zur Einhaltung des LkSG durch eine schuldrechtliche Vereinbarung ausgesetzt werden.  Zwar treten bei Verstößen dann nicht die Rechtsfolgen des Gesetzes ein, wohl aber eine (finanzielle) Haftung, je nach Regelungen im Vertrag. Die jeweilige Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung hängt vom Einzelfall ab. Jedenfalls der formale Verweis auf die Einhaltung der Vorgaben aus dem LkSG dürfte hierfür nicht ausreichend sein. Der (schuldrechtlich) zur Einhaltung des LkSG verpflichtete Auftragnehmer muss bei der Beauftragung von Nachunternehmern darauf achten, dass die Weitergabe der Verpflichtung zur Einhaltung der gesetzlichen Sorgfaltspflichten des LkSG wirksam vertraglich vereinbart werden.

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