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M&A Grundlagen - Teil I4 June 2024

Der Begriff „Fusionen und Übernahmen“ (im Englischen Mergers and Acquisitions, kurz „M&A“) wird häufig verwendet, um Unternehmenstransaktionen im Allgemeinen zu beschreiben. In Wirklichkeit bezieht er sich jedoch auf spezifische Angelegenheiten, deren Struktur, Organisation und Terminologie ein tiefgreifendes Verständnis der zugrunde liegenden Prinzipien bei allen an solchen Transaktionen beteiligten Parteien erfordern.

"Um die Zielgesellschaft zu beurteilen, wird eine sogenannte Due Diligence (aus dem Englischen due diligence, zu deutsch „Sorgfaltspflicht“) durchgeführt, um potenzielle Risiken zu ermitteln und Probleme in Bezug auf den rechtlichen, finanziellen, technischen und/oder steuerlichen Status der Zielgesellschaft zu lösen."

In dieser Artikelserie werden wir diese Grundsätze in Bezug auf M&A untersuchen. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf den typischen Phasen einer Transaktion.

Identifizierung einer potenziellen Zielgesellschaft

Die erste Phase des Transaktionsprozesses beginnt mit der Identifizierung eines potenziellen Zielunternehmens durch Analyse und Marktforschung. Während die Durchführung eines sogenannten Target Screenings helfen kann, ein geeignetes Zielunternehmen zu finden, wird der Verkaufsprozess häufig vom Verkäufer, von Investmentbanken, M&A-Beratern und/oder anderen Beratern initiiert und organisiert, die interessierten Käufern in Form eines Teasers oder eines Informationsmemorandums („IM“) Einblicke in das Unternehmen gewähren. Letzteres unterliegt in der Regel einer Haftungsbeschränkung in Bezug auf mögliche Ungenauigkeiten der darin enthaltenen Informationen.

Letter of Intent, MoU und Term Sheet

Nachdem die potentielle Zielgesellschaft identifiziert ist, gibt ein interessierter Käufer häufig eine Absichtserklärung (im Englischen Letter of Intent, kurz „LoI“) ab, in der er seine ernsthafte Verhandlungsabsicht und Bereitschaft zum Abschluss eines Vertrags mit dem Verkäufer bekundet. Letter of Intent werden in der Regel im Vorfeld des Abschlusses eines finanziell und rechtlich verbindlichen Vertrags übermittelt. In der Regel sind Letter of Intent unverbindliche Klauseln im Hinblick auf den Abschluss des betreffenden Vertrags. Stattdessen legen sie in der Regel schriftlich die Positionen zu bestimmten Vertragsbedingungen der das Schreiben abgebenden Partei fest. Die Begriffe „Memorandum of Understanding“ (zu deutsch Absichtserklärung, kurz „MoU“) und „Term Sheet“ werden oft synonym mit dem Begriff Letter of Intent verwendet, wobei in beiden Fällen das gemeinsame Verständnis der Parteien festgehalten wird, das später im Unternehmenskaufvertrag präzisiert wird. So können die Parteien beispielsweise Informationen und Bestimmungen zur Vertraulichkeit und Exklusivität sowie mögliche Rechte zur Beendigung von Vertragsverhandlungen festlegen. In einem Bieterverfahren wird das ernsthafte Interesse der Partei regelmäßig durch ein unverbindliches Kaufangebot (das „indikative Gebot“ oder „indikative Angebot“, in Englischen indicative bid oder indicative offer) zum Ausdruck gebracht.

NDA

Das LoI (oder MoU oder Term Sheet) enthält häufig eine Geheimhaltungsvereinbarung (im Englischen non-disclosure agreement, kurz „NDA“). So vereinbaren die Parteien im LoI oder auch unabhängig vom LoI die Vertraulichkeit von Informationen zu wahren, die von jeder Partei im Laufe der Transaktion weitergegeben werden, und gegebenenfalls auch in Bezug auf die Tatsache, dass überhaupt Verhandlungen geführt werden. Eine solche Geheimhaltungsvereinbarung schafft ein zusätzliches Maß an Vertrauen für alle beteiligten Parteien.

"Der Höhepunkt des M&A-Prozesses ist die Unterzeichnung des rechtsverbindlichen Kaufvertrages (das „Signing“)."

Due Diligence

Um die Zielgesellschaft zu beurteilen, wird eine sogenannte Due Diligence (aus dem Englischen due diligence, zu deutsch „Sorgfaltspflicht“) durchgeführt, um potenzielle Risiken zu ermitteln und Probleme in Bezug auf den rechtlichen, finanziellen, technischen und/oder steuerlichen Status der Zielgesellschaft zu lösen. Der Umfang der Due-Diligence-Prüfung hängt in der Regel von den Erwartungen des Käufers und der Kooperation des Verkäufers ab, insbesondere in Bezug auf die zur Verfügung gestellten Unterlagen über das Zielunternehmen und die vom Verkäufer beantworteten Fragen. In der M&A-Praxis wird zwischen „Red Flag“ und „Full Scope“ Due Diligence unterschieden. Während bei der „Red Flag“ Due Diligence die wichtigsten Risiken untersucht und als „Red Flags“ und mögliche „Deal Breaker“ identifiziert werden, vermittelt die „Full Scope“ Due Diligence ein umfassendes Bild der rechtlichen Situation der Zielgesellschaft.

Die Ergebnisse der Due-Diligence-Prüfung sind ausschlaggebend dafür, ob die Transaktion durchgeführt wird. In einigen Fällen, z.B. im Rahmen eines Bieterverfahrens, kann es auch einen vom Verkäufer selbst erstellten Due-Diligence-Bericht geben (sogenannter Vendor-Due-Diligence-Bericht), der es potenziellen Käufern ermöglicht, die Zielgesellschaft schnell zu bewerten und damit möglicherweise den gesamten Prozess zu beschleunigen. Verkäufer können Kaufinteressenten auch sogenannte Legal Fact Books zur Verfügung stellen, die sich im Gegensatz zu einem Due-Diligence-Bericht auf eine rein deskriptive Darstellung des Unternehmens beschränken und keine rechtlichen Bewertungen enthalten.

Signing: Asset Deal vs. Share Deal

Der Höhepunkt des M&A-Prozesses ist die Unterzeichnung des rechtsverbindlichen Kaufvertrages (das „Signing“). Der Inhalt des Kaufvertrages hängt im Wesentlichen von der von den Parteien bevorzugten Transaktionsstruktur ab, wobei wirtschaftliche, geschäftliche, rechtliche und steuerliche Gründe eine entscheidende Rolle spielen. Bei einem sogenannten Share Deal werden die Anteile eines Unternehmens verkauft und von dem/den Anteilseigner(n) auf den Käufer übertragen. Im Gegensatz dazu geht es bei einem Asset Deal nur um den Erwerb bestimmter definierter Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens wie Immobilien, Verträge oder Forderungen. Neben den Ergebnissen der Due-Diligence-Prüfung sollten auch die Vor- und Nachteile sowohl eines solchen Share- und Asset Deals berücksichtigt werden. In einigen Fällen legt der Verkäufer die Transaktionsstruktur bereits zu Beginn des Transaktionsprozesses fest. In Deutschland müssen einige Kaufverträge, wie der Verkauf und die Übertragung von GmbH-Anteilen und der Verkauf und die Übertragung von Immobilien, notariell beurkundet werden, um rechtswirksam zu sein.

"In der Regel hat der Verkäufer ein Interesse daran, die Anzahl und den Umfang der Closing Conditions möglichst gering zu halten, um den Erfolg der Transaktion nicht zu gefährden."

Closing

Aus rechtlicher Sicht ist die wichtigste Phase einer Transaktion, bei der es um die tatsächliche Übertragung von Vermögenswerten oder Anteilen an einem Unternehmen geht, ist der Vollzug des Kaufvertrages (im Englischen Closing oder Completion).

In dem Kaufvertrag werden in der Regel spezifische Handlungsempfehlungen für die bei der Due Diligence ermittelten Risiken als aufschiebende Bedingungen für die Transaktion aufgenommen und mit bestimmten Rechtsfolgen verbunden. So kann die Übertragung beispielsweise von fusionskontrollrechtlichen Genehmigungen und der Verpflichtung abhängig gemacht werden, die Zustimmung bestimmter Gremien oder Ausschüsse, wie etwa einer Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrats des Verkäufers, einzuholen, bevor die Anteile an der Zielgesellschaft oder ihren Vermögenswerten übertragen wird. Solche aufschiebenden Bedingungen für die Übertragung werden auch als „Closing Conditions“ (zu deutsch Vollzugsbedingungen) bezeichnet. In der Regel hat der Verkäufer ein Interesse daran, die Anzahl und den Umfang der Closing Conditions möglichst gering zu halten, um den Erfolg der Transaktion nicht zu gefährden. Der Käufer wiederum möchte die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Zielgesellschaft minimieren. Die Parteien vereinbaren daher in der Regel ein „Longstop-Date“, bis zu dem die Closing Conditions erfüllt sein oder auf sie verzichtet werden muss, damit das Closing stattfinden kann. Infolgedessen können Signing und Closing mehrere Monate auseinander liegen, aber auch am selben Tag stattfinden.

Am Closing Date, d.h. dem Tag, an dem das Closing stattfindet, verpflichten sich die Parteien in der Regel zur Erfüllung zusätzlicher Verpflichtungen (im Englischen Closing Actions) wie z.B. dem Wechsel in der Unternehmensleitung, der Übergabe wichtiger Unternehmensdokumente und der Zahlung des Kaufpreises bzw. dem Erhalt des Kaufpreises. Die Parteien bestätigen die Erfüllung oder den Verzicht auf die Closing Conditions und die Closing Actions in der Regel dann in einem sogenannten Closing Memorandum.

Break-Up Fees

Zu jedem Zeitpunkt des Transaktionsprozesses können die Parteien eine Kostentragungspflicht für den Fall vereinbaren, dass die Vertragsverhandlungen scheitern oder bestimmte Bedingungen nicht erfüllt werden (im Englischen Break-up Fee). Je nach Interessenlage kann diese Verpflichtung für den Käufer, den Verkäufer oder sogar die Zielgesellschaft gelten. In Deutschland kann die Vereinbarung einer Break-up Fee wegen der möglicherweise nicht unerheblichen finanziellen Belastung einer Partei formellen Anforderungen unterliegen.

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