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Die EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen - Transport31 March 2021

1. Einleitung

Die Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates der EU (die “Taxonomie-Verordnung“)¹ ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten und nach einer Übergangsfrist in Teilen bereits ab dem 1. Januar 2022 anwendbar. Sie ist ein Meilenstein für den europäischen “Green Deal”, bis 2050 eine klimaneutrale Union zu erreichen.

Die Taxonomie-Verordnung legt einheitliche Kriterien für Unternehmen und Investoren fest, um zu ermitteln, ob eine Wirtschaftsaktivität “ökologisch nachhaltig” ist. Es handelt sich um ein Klassifizierungssystem (genannt “Taxonomie”), das Investoren helfen soll zu erkennen, was nachhaltig ist und was nicht.

Taxonomie-Verordnung soll Folgendes bewirken²:

  • Umlenkung von Kapitalströmen in nachhaltige Investitionen und in Unternehmen, die nachhaltige Aktivitäten ausüben oder dies anstreben;
  • Vermeidung von Marktfragmentierung innerhalb der EU durch einheitliche Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten;
  • Erhöhung der Transparenz und dadurch Stärkung des Anlegervertrauens und des Bewusstseins für Umweltauswirkungen von Finanzprodukten/Unternehmensanleihen; und
  • Erkennbarkeit von „Greenwashing“; Greenwashing werden Praktiken genannt, um sich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, indem ein Finanzprodukt als umweltfreundlich vermarktet wird, obwohl tatsächlich grundlegende Umweltstandards nicht eingehalten wurden.

Außerdem wird die Taxonomie voraussichtlich auch ein wichtiges Instrument bei der Bewertung von umweltschützenden Faktoren im Rahmen aufsichtsrechtlicher Vorschriften für Banken werden (z. B. bei der Behandlung der Eigenkapitalausstattung). So hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde den Auftrag erhalten, aufsichtsrechtliche Behandlung von Engagements in Vermögenswerten und von Tätigkeiten zu prüfen, die in erheblichem Maße mit ökologischen und/oder sozialen Zielen übereinstimmen; die Taxonomie soll hierbei als Benchmark dienen³.

2. Anwendungsbereich der Taxonomie-Verordnung

Die Taxonomie-Verordnung gilt für:

  • Maßnahmen der Mitgliedstaaten oder der EU, die Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer oder Emittenten in Bezug auf Finanzprodukte (dazu gehören Investmentfonds, Renten und OGAWs) oder Unternehmensanleihen festlegen, die als ökologisch nachhaltig angeboten werden, z.B. Green Bonds (zu den Finanzmarktteilnehmern gehören Versicherungsunternehmen, Wertpapierfirmen, Pensionsgeber und Fondsmanager);
  • Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte zur Verfügung stellen; und
  • Unternehmen im Rahmen ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung gemäß der EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung unterliegen (Richtlinie 2013/34/EU).

3. Was bedeutet “ökologisch nachhaltig”?

Die Taxonomie-Verordnung stellt vier Kriterien auf, die eine Wirtschaftstätigkeit erfüllen muss, um als “ökologisch nachhaltig⁴” zu gelten. Die Wirtschaftstätigkeit:

  1. trägt wesentlich zu einem oder mehreren der sechs Umweltziele bei,
  2. beeinträchtigt keines der sechs Umweltziele erheblich,
  3. erfüllt den Mindestschutz (gemäß Artikel 18 der Taxonomie-Verordnung) und
  4. entspricht den “technischen Bewertungskriterien” (siehe unten).

Die sechs Umweltziele der Taxonomie-Verordnung sind⁵:

  1. Klimaschutz;
  2. Anpassung an den Klimawandel;
  3. die nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen;
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft;
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung; und
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosystemen.

Jedes diese Umweltziele ist in der Taxonomie-Verordnung genauer definiert (Art. 10 ff. Taxonomie-Verordnung). Die Taxonomie-Verordnung und die zugehörigen delegierten Rechtsakte sollen in zwei zeitlichen Stufen⁶ in Kraft treten; betreffend die Umweltziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel bereits am 1. Januar 2022.

4. Technische Bewertungskriterien: Überblick

In diesem Zusammenhang wird die EU-Kommission die technischen Bewertungskriterien (im Rahmen delegierter Rechtsakte) aufstellen, nach denen Wirtschaftstätigkeiten “wesentlich” zu den jeweiligen Umweltzielen beitragen. Die technischen Bewertungskriterien werden auch ermöglichen festzustellen, ob eine Wirtschaftstätigkeit eines der „anderen Umweltziele erheblich beeinträchtigt“ (vgl. oben 2. Kriterium). Auf Basis der technischen Bewertungskriterien werden schließlich Listen ökologisch nachhaltiger Tätigkeiten erstellt.

Die Ausarbeitung der technischen Bewertungskriterien für die ersten beiden Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) hat begonnen. Die betreffende delegierte Verordnung sollte eigentlich bis zum 31. Dezember 2020 verabschiedet werden⁸; tatsächlich liegt bisher nur ein Entwurf vor; nach Auswertung vorliegenden Marktteilnehmer-Feedbacks soll er aber in Kürze verabschiedet werden. In den Anhängen zur delegierten Verordnung sind die technischen Bewertungskriterien im Detail aufgeführt, zusammen mit sehr technischen, branchenspezifischen Tests für verschiedene Sektoren und Wirtschaftstätigkeiten. Für die Klassifizierung einzelner Wirtschaftstätigkeiten als nachhaltig müssen diese Anhänge verwendet werden.

Der Entwurf der technischen Bewertungskriterien umfasst die folgenden 13 Industriesektoren:

  • Land- und Forstwirtschaft;
  • Umweltschutz- und Sanierungsmaßnahmen;
  • Verarbeitendes Gewerbe;
  • Energie;
  • Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung und Altlastensanierung;
  • Transport (einschließlich Schiffsverkehr);
  • Bau- und Immobilienwesen;
  • Information und Kommunikation;
  • Freiberufliche wissenschaftliche und technische Tätigkeiten;
  • Finanz- und Versicherungstätigkeiten;
  • Bildung;
  • Gesundheits- und Sozialwesen; und
  • Kunst, Unterhaltung und Erholung.

Für die vier anderen Umweltziele (Wasser; Kreislaufwirtschaft; Vermeidung von Umweltverschmutzung und Biodiversität) soll die Taxonomie bis Ende 2021 festgelegt werden; die betreffenden Teile der Taxonomie-Verordnung und technischen Bewertungskriterien treten am 1. Januar 2023⁹ in Kraft. Die betroffenen Marktteilnehmer haben also ein Jahr Zeit, sich mit der technischen Bewertungskriterien vertraut zu machen und sich auf ihre Anwendung vorzubereiten¹⁰.

Bereits 2016 setzte die EU-Kommission eine technische Sachverständigengruppe (Technical Expert Group, „TEG“) zur Erarbeitung eine Klassifizierungssystems ein, um technischen Input zu liefern und technische Bewertungskriterien für jedes Umweltziel zu erstellen. Die Sachverständigengruppe wird nunmehr durch die „Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen“ (die “Plattform“) abgelöst. Sie setzt sich aus Experten eines breiten Spektrums des öffentlichen und privaten Sektors zusammen. Der Input der Plattform dient zunächst der Erstellung und wird später zur Aktualisierung der technischen Bewertungskriterien fortgesetzt¹¹.

Die Kommission wird die technischen Bewertungskriterien auf der Grundlage der von der Plattform eingeholten Ratschläge prüfen und gegebenenfalls die delegierten Rechtsakte fortlaufend anpassen¹². Dies kann unter Umständen dazu führen, dass sich Kriterien für die Nachhaltigkeit einer bestimmten Wirtschaftstätigkeit im Nachhinein verschärfen und diese dann ihren Status als „nachhaltig“ wieder verliert¹³.

lpg tanker

a) Technische Bewertungskriterien für den Schifffahrtssektor

Der Entwurf der Delegierten Verordnung erkennt die Bedeutung der Schifffahrt für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft an, da der Sektor das Potenzial hat, seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Es werden separate Studien durchgeführt, um nachhaltige Finanzierungskriterien für die Seeschifffahrt zu bewerten und gegebenenfalls entsprechende technische Bewertungskriterien zu erstellen.

Der aktuelle Entwurf der technischen Bewertungskriterien in Bezug auf den Schiffsverkehr (einschließlich der zugehörigen Infrastruktur) umfasst sieben Bereiche:

– Binnenschifffahrt zur Personenbeförderung;

– Frachtschifffahrt im Binnenland;

– Umrüstung der Personen- und Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt;

– See- und Küstengüterschifffahrt;

– Personenbeförderung auf dem Meer und in der Küstenschifffahrt;

– Umrüstung der Güter- und Personenschifffahrt in der See- und Küstenschifffahrt; und

– Infrastruktur für den Wassertransport.

Hinweise für den Schiffsverkehr sind auch in dem Abschnitt technischer Bewertungskriterien über die Herstellung von kohlenstoffarmen Verkehrstechnologien enthalten.

Einzelne technische Bewertungskriterien für den Schiffsverkehr sind folgende:

Herstellung von kohlenstoffarmen Technologien für den Transport¹⁴, Gütertransport auf Binnengewässern, Gütertransport im See- und Küstenbereich¹⁵, die Nachrüstung der Personen- und Güterbeförderung auf Binnengewässern¹⁶, die Nachrüstung der Güter- und Personenbeförderung zu Wasser im See- und Küstenbereich¹⁷ und die Infrastruktur für den Wassertransport¹⁸.

Allgemeiner Ausschlussgrund ist die Nutzung von Schiffen für den Transport fossiler Brennstoffe. Dies wird dazu führen, dass Investitionen in Tonnage und Infrastruktur, die dem Transport fossiler Brennstoffe dienen, weniger attraktiv werden. Obwohl dies zweifellos beabsichtigt ist, ist ein solch pauschaler Ausschluss für die Übergangszeit potenziell problematisch; es gibt eine Reihe von Arten fossiler Brennstoffe, von denen einige weniger Emissionen erzeugen als andere. Dadurch könnte beispielsweise Kapital von Übergangskraftstoffen und -infrastrukturen abgezogen werden, die einige Stakeholder als Zwischenschritte zu einer kohlenstofffreien Zukunft entwickeln wollen (z. B. die Verwendung von LNG als Kraftstoff mit Schiffen, die mit Kohlenstoffabscheidungssystemen nachgerüstet sind). Wenn bestehende Technologien verbessert und neue Innovationen gefördert werden, erhöhen sich die potenziellen Wege in eine kohlenstofffreie Zukunft; wichtige Lösungen drohen auf der Strecke zu bleiben, wenn der Zugang zu Kapital erschwert wird.

CO2-Emissionen

Ein wichtiges technisches Bewertungskriterium für den gesamten Seeverkehr ist der Verzicht auf direkte (Auspuff-)Kohlendioxid-Emissionen;¹⁹ hierfür bestehen allerdings folgende Ausnahmen:

– Passagierschiffe in der Personenschifffahrt werden bis zum 31. Dezember 2025 zugelassen, wenn es sich um (i) Hybridschiffe handelt, die für ihren normalen Betrieb zu mindestens 50 % eine Treibstoffmasse ohne direkte (Auspuff-)CO2-Emissionen oder Plug-in-Energie verwenden, oder wenn sie (ii) – nur im Fall von See- und Küstenpassagierschiffen – einen Energy Efficiency Design Index (“EEDI”) erreicht haben, der 10 % unter den am 1. Januar 2022 geltenden EEDI-Anforderungen liegt;

– Binnenfrachtschiffe, die nicht für den Transport fossiler Brennstoffe eingesetzt werden, erfüllen die Anforderungen bis zum 31. Dezember 2025, wenn die direkten (Auspuff-)CO2-Emissionen pro Tonnenkilometer, die anhand des Energieeffizienz-Betriebsindikators berechnet (oder bei neuen Schiffen geschätzt) werden, um 50 % unter dem durchschnittlichen Referenzwert für CO2-Emissionen liegen, der für schwere Nutzfahrzeuge gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/1242 (die “Heavy Duty Vehicle-Verordnung”); festgelegt wurde; und

– See- und Küstenfrachtschiffe, die nicht für den Transport fossiler Kraftstoffe bestimmt sind, werden bis zum 31. Dezember 2025 zugelassen, wenn es sich um (i) Hybridschiffe handelt, die für ihren normalen Betrieb zu mindestens 50 % eine Kraftstoffmasse mit null direkten (Auspuff-)CO2-Emissionen oder Plug-in-Energie verwenden, oder (ii) wenn die Schiffe nachweislich ausschließlich für die Erbringung von Küstendiensten eingesetzt werden, die eine Verkehrsverlagerung von derzeit auf dem Landweg beförderten Gütern auf den Seeweg ermöglichen sollen, wenn die Schiffe keine direkten (Auspuff-)CO2-Emissionen aufweisen, die unter Verwendung des EEDI berechnet werden und 50 % unter dem durchschnittlichen Referenzwert für CO2-Emissionen liegen, der für schwere Nutzfahrzeuge (5-LH) gemäß der Heavy Duty Vehicle-Verordnung festgelegt wurde, oder (iii) wenn die Schiffe einen EEDI-Wert erreicht haben, der 10 % unter den am 1. Januar 2022 geltenden EEDI-Anforderungen liegt.

Die technischen Bewertungskriterien für den Seeverkehr verweisen zudem auf andere EU-Gesetze, einschließlich der Verordnung (EU) Nr. 1257/2013 über das Recycling von Schiffen. Ferner verweisen sie auf internationale Abkommen und schreiben deren Einhaltung vor: z.B. Regel 14 (Schwefeloxide) der Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens der IMO.

Außerdem sehen die technischen Bewertungskriterien für den Fall, dass Abgasreinigungssysteme verwendet werden, vor, dass solche Systeme in einem geschlossenen Kreislauf betrieben werden. Dies kann Auswirkungen auf die Investitionen haben, abhängig von den “bunker spreads” zum jeweiligen Zeitpunkt.

B) Noch keine Technische Bewertungskriterien für den Luftfahrtsektor

Die Delegierte Verordnung enthält derzeit noch keine technischen Bewertungskriterien in Bezug auf den Luftverkehr; einzige Ausnahme: kohlenstoffarme Flughafeninfrastruktur (Fahrzeuge auf dem Flughafen, z.B. Pushback-Schlepper, Catering-LKWs, Fluggastbrücken, Vorfeldbusse, Betankungsfahrzeuge und Gepäcktransporter). Die Kommission räumt dem Luftverkehr jedoch künftig Priorität ein und strebt einen Entwurf technischer Bewertungskriterien in diesen Bereich bis Ende 2021 an. Die Kommission hat hierzu eine externe Studie von Steer, einer globalen Unternehmensberatung, zur “Entwicklung einer Methodik zur Bewertung der “grünen” Auswirkungen von Investitionen im Luftfahrtsektor und von Projekten” in Auftrag gegeben. Im Rahmen unser umfassenden Beauftragung durch die Aviation Working Group (ein gemeinnütziges Gremium, das sich aus großen Flugzeugherstellern, Leasinggesellschaften und Finanzinstituten zusammensetzt) zu ESG-Angelegenheiten in der Luftfahrt, steht Watson Farley & Williams mit Steer und der Kommission in engem Austausch für die Prüfung und Entwicklung technischer Bewertungskriterien im Bereich Luftfahrt.

c) Technische Bewertungskriterien für den Schienenverkehr

Die Delegierte Verordnung unterteilt den Schienenverkehr in die folgenden Kategorien:

– Personenfernverkehr auf der Schiene;

– Güterverkehr auf der Schiene und

– Stadt-, Vorort- und Straßenpersonenverkehr (einschließlich U- und Hochbahnen).

Die folgenden Punkte sind für die Marktteilnehmer im Schienenverkehr interessant:

Sowohl für den Personenfernverkehr als auch für den Güterverkehr wird gefordert, dass Schienenfahrzeuge (i) keine direkten (Auspuff-)CO2-Emissionen aufweisen oder (ii) keine direkten (Auspuff-)CO2-Emissionen aufweisen, wenn sie auf einer Strecke mit erforderlicher Infrastruktur betrieben werden und einen konventionellen Motor verwenden, wenn eine solche Infrastruktur nicht vorhanden ist (bimode). Im Stadt- und Personennahverkehr sind direkte (Auspuff-)CO2-Emissionen ebenfalls ausgeschlossen.

Die technischen Bewertungskriterien lassen zudem Schienengüterverkehr für den Transport von fossilen Brennstoffen zu.

In Bezug auf den Stadt- und Personennahverkehr verlangt das Umweltziel Anpassung an den Klimawandel, dass der Erwerb von Fahrzeugen solche Fahrzeuge ausschließt, deren CO2-Emissionen höher sind als der Durchschnitt für die jeweilige Kategorie.

Des Weiteren bestehen spezifische Anforderungen in Bezug auf Emissionsgrenzwerte und das Abfallmanagement, insbesondere bei der Wartung. Für batteriebetriebene Fahrzeuge werden etwa Maßnahmen zur Wiederverwendung von Batterien, Elektronik und den darin enthaltenen kritischen Rohstoffen gefordert.

5. Offenlegungspflichten

Die Taxonomie-Verordnung ist eng mit der Disclosure-Verordnung (siehe unten) und der Richtlinie für Transparenzpflichten für Nicht-Finanzunternehmen (“NFRD“)²⁰ verbunden und führt neue Offenlegungspflichten für eine Reihe von Unternehmen ein. Im Folgenden wird dargelegt, was dies sowohl für meldende Unternehmen als auch für Finanzmarktteilnehmer bedeuten wird.

Berichtspflichtige Nicht-Finanzunternehmen

Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung verlangt, dass Unternehmen und Nicht-Finanzunternehmen, die unter die NFRD fallen, in ihren Erklärungen zu nichtfinanziellen Informationen Angaben darüber machen, wie und in welchem Umfang ihre Geschäftsaktivitäten (Umsatz, CapEx und OpEx) mit der Taxonomie-Verordnung²¹ übereinstimmen. Sie müssen 2022 (für das Geschäftsjahr 2021) mit der Offenlegung der ersten beiden Klimaziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) und im Laufe des Jahres 2023 (für das Geschäftsjahr 2022²²) mit der Offenlegung aller sechs Umweltziele beginnen. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA)hat am 26. Februar 2021 ihren Abschlussbericht (Final Report) vorgelegt; er befasst sich mit dem ökologisch nachhaltigen Anteil (im Sinne von Art. 8 Taxonomie-Verordnung) von Umsatz, CapEx und OpEx²³. Derzeit gilt die NFRD nur für in der EU ansässige große Unternehmen von öffentlichem Interesse, deren Anteile an einem geregelten Markt gehandelt werden und mehr als 500 Mitarbeiter haben. Die Kommission hat eine Überprüfung des NFRD angekündigt mit der Frage, ob börsennotierte KMUs einzubeziehen seien²⁴. Wenn der Anwendungsbereich des NFRD erweitert würde, hätte dies wiederum Auswirkungen darauf, welche Unternehmen die Offenlegungsverpflichtungen in Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung erfüllen müssen.

Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der NFRD fallen, müssen auch dann offenlegen, wenn es (noch) keine spezifischen technischen Bewertungskriterien für ihre Aktivitäten/Sektoren²⁵ gibt. Der Inhalt und die Darstellung der gemäß Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung offenzulegenden Informationen werden von der Kommission voraussichtlich bis zum 1. Juni 2021 durch einen delegierten Rechtsakt²⁶ weiter spezifiziert.

Finanzmarktteilnehmer

Die Artikel 5-7 der Taxonomie-Verordnung begründet neue Offenlegungspflichten für Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungssektor, die unter die EU-Verordnung 2019/2088 (die “Disclosure-Verordnung“) fallen; betroffen sind Versicherungsunternehmen, Wertpapierfirmen, Pensionsfonds und Fondsmanager²⁷. Die Unternehmen müssen danach offenlegen, wie und in welchem Umfang ihr Portfolio mit den Zielen der Taxonomie übereinstimmen. Die Disclosure-Verordnung gilt seit dem 10. März 2021.  Sie regelt im Einzelnen:

1) Nachhaltige Investition: Unternehmen müssen den prozentualen Anteil ihres Portfolios angeben, der an der EU-Taxonomie ausgerichtet ist²⁸;

2) Produkte mit ESG-Merkmalen: auch hier müssen Unternehmen den prozentualen Anteil ihres Portfolios offenlegen, der an der EU-Taxonomie ausgerichtet ist, und eine Erklärung abgeben, dass der Grundsatz der “Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen” nur für die dem Finanzprodukt zugrunde liegenden Investitionen gilt, die die EU-Taxonomie berücksichtigen²⁹; und

3) Verpflichtende Angaben für Produkte ohne ESG-Merkmale: Zudem muss gegebenenfalls folgende Aussage aufgenommen werden: “Die diesem Finanzprodukt zugrunde liegenden Investitionen berücksichtigen nicht die EU-Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten³⁰.”

Vorstehende Angaben müssen Finanzunternehmen in vorvertraglichen Informationen (z.B. Marketing-Informationen, Termsheets etc.), auf ihrer Website und in den regelmäßigen Berichten aufnehmen³¹. Informationen zur Taxonomie von Wirtschaftsaktivitäten, die wesentlich zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen, müssen bereits ab dem 1. Januar 2022 offengelegt werden. Angaben in Bezug auf alle sechs Umweltziele müssen vorvertragliche Informationen und regelmäßige Berichte ab dem 1. Januar 2023 enthalten³².

Ausführungen zu Inhalt und Art und Weise der Darstellung der Angaben, die nach der Disclosure-Verordnung gefordert werden, enthält das aktuelle Konsultationspapier zur Disclosure-Verordnung von 15. März 2021, das die drei Europäischen Aussichtsbehörden (ESAs) in Zusammenarbeit verfasst haben³³.

6. Grenzüberschreitende Wirkung

Die Offenlegungspflichten für Finanzunternehmen gemäß Taxonomie-Verordnung bestehen, wenn sie Finanzprodukte in der EU anbieten, unabhängig davon, wo der Hersteller dieser Produkte ansässig ist. Darüber hinaus gelten die Offenlegungspflichten für Nicht-Finanzunternehmen, die unter die NFRD fallen (vgl. oben Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung), für alle Tätigkeiten, unabhängig von ihrem Standort³⁴.

Darüber hinaus hat die technische Sachverständigengruppe (TEG) vorgeschlagen, dass Investoren in Drittländern die Kriterien der Taxonomie nutzen könnten, um die Umweltleistung lokaler Wirtschaftstätigkeiten in diesen Ländern zu bewerten oder zu vergleichen. In Fällen, in denen ein lokal relevanter Schwellenwert zur Bewertung der Umweltleistung einer Wirtschaftstätigkeit verwendet wird, schlägt die technische Sachverständigengruppe (TEG) außerdem vor, dass Unternehmen und Investoren zusätzlich Einzelheiten und Gründe für eine Abweichung vom TEG-Standard offenlegen müssen³⁵.

Der Ansatz des Vereinigten Königreichs in Bezug auf Taxonomie bezogene Angaben nach dem Brexit war zunächst unklar. Im Juni 2020 bestätigte das Land, das Taxonomie-Rahmenwerk, einschließlich der sechs Umweltziele, beizubehalten. Bezüglich der Details in zukünftigen delegierten Rechtsakten hat sich die britische Regierung bisher nicht geäußert, inwieweit sie britische Recht an das EU-Recht anzugleichen gedenkt.

Überprüfung und Bewertung der Einhaltung der Taxonomie

Die Taxonomie-Verordnung verlangt nicht ausdrücklich eine formale Überprüfung, ob Aktivitäten mit den technischen Bewertungskriterien übereinstimmen. Wie oben dargelegt, wird die Einhaltung der Offenlegungspflichten der Taxonomie aber von den nationalen Aufsichtsbehörden überwacht. Darüber hinaus werden Finanzunternehmer dazu ermutigt, eine externe Bestätigung ihrer Taxonomie bezogenen Offenlegungen im Rahmen einer ordentlichen Geschäftspraxis einzuholen.

Offenlegungen im Rahmen der NFRD sind grundsätzlich zu überprüfen; die Ausgestaltung im Detail kann in den Mitgliedstaaten allerdings variieren. In diesem Zusammenhang bleibt auch die derzeit laufende Revision der NFRD³⁶ abzuwarten.

Zudem ist geplant, den Anwendungsbereich der Taxonomie-Verordnung über ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten hinaus zu erweitern, so dass diese künftig auch andere Nachhaltigkeitsziele umfasst, einschließlich sozialer Ziele³⁷ und Kriterien dafür, was Aktivitäten sind, die die „sechs Umweltziele erheblich beeinträchtigen“ (“braune” Taxonomie³⁸).

7. Fazit

Die Taxonomie-Verordnung hat erhebliche Auswirkungen auf die Berichtspflichten für Finanzunternehmer und eine viele andere Unternehmen. Der genaue Umfang und damit der zusätzliche Aufwand hängen von den detaillierten Kriterien ab, die in den technischen Bewertungskriterien noch festzulegen sind. Feststeht, dass die Kommission beabsichtigt, die Taxonomie-Verordnung in vielerlei als Benchmark anzuwenden. Marktteilnehmer sollten daher die Entwicklung der Verordnung und der Delegierten Rechtsakte genau verfolgen und insbesondere:

  • alle Offenlegungs- und Datenanforderungen identifizieren und entsprechende Berichtsverfahren etablieren;
  • die Auswirkungen der Taxonomie-Verordnung auf ihre Investitionen und den Zugang zu Finanzierungen berücksichtigen, insbesondere da dies Investoren ermöglicht, “grüne” Investitionen im Sinne der Taxonomie-Verordnung zu tätigten; und
  • überlegen, ob sie die Kriterien bereits einhalten und ob und wie sie diese bei ihren zukünftigen Finanzierungsentscheidungen berücksichtigen können.

[1] Den Wortlaut der Taxonomie-Verordnung finden Sie hier
[2] Taxonomie-Verordnung, Erwägungsgründe 6-14.
[3] Häufig gestellte Fragen zur Arbeit der Europäischen Kommission und der “Technical Expert Group on Sustainable Finance” zur EU-Taxonomie & EU Green Bond Standard (die “TEG FAQs”), S.8. Für den Text der TEG FAQs, klicken Sie hier (nur auf Englisch).
[4] Taxonomie-Verordnung, Artikel 3.
[5] Taxonomie-Verordnung, Artikel 9.
[6] Taxonomie-Verordnung, Erwägungsgrund 54.
[7] Siehe Anforderungen in der Taxonomie-Verordnung, Artikel 19.
[8] Taxonomie-Verordnung, Artikel 10 Absatz 6 und Artikel 11 Absatz 6.
[9] Taxonomie-Verordnung, Artikel 12 Absatz 5, Artikel 13 Absatz 5, Artikel 14 Absatz 5 und Artikel 15 Absatz 5.
[10] Taxonomie-Verordnung, Erwägungsgrund 57.
[11] Taxonomie-Verordnung, Artikel 20 und TEG-FAQ (s.o.), S. 6.
[12] Taxonomie-Verordnung, Artikel 19 Absatz 5.
[13] TEG-FAQ, S. 7.
[14] Siehe ferner Anhang 1 und Anhang 2) des Delegierten Rechtsakts (Entwurf vom 21.11.2020), Abschnitt 3.3 (Herstellung von kohlenstoffarmen Technologien für den Transport/ Manufacture of low carbon technologies for transport).
[15] Siehe ferner Anhang 1 und Anhang 2)des Delegierten Rechtsakts (Entwurf vom 21.11.2020), , Abschnitte 6.8 (Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt/ Inland freight water transport), 6.10 (Güterbeförderung in der See- und
Küstenschifffahrt/Sea and coastal freight water transport).
[16] Siehe ferner Anhang 1 und Anhang 2) des Delegierten Rechtsakts (Entwurf vom 21.11.2020), , Abschnitt 6.9 (Nachrüstung der Personen- und Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt/Retrofitting of inland water passenger and freight transport)
[17] Siehe ferner Anhang 1 und Anhang 2) des Delegierten Rechtsakts (Entwurf vom 21.11.2020), , Abschnitt 6.12 (Nachrüstung der Güter- und Personenbeförderung in der See- und Küstenschifffahrt/Retrofitting of sea and coastal freight and passenger water transport).
[18] Siehe ferner Anhang 1 und Anhang 2) des Delegierten Rechtsakts (Entwurf vom 21.11.2020), Abschnitt 6.16 (Infrastruktur für den Wassertransport/Infrastructure for water transport).
[19] Siehe ferner Anhang 1 und Anhang 2) des Delegierten Rechtsakts (Entwurf vom 21.11.2020), , Abschnitt 3.3 (Herstellung von kohlenstoffarmen Technologien für den Transport/Manufacture of low carbon technologies for transport).
[20] RL 2014/95/EU zur Änderung der RL 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen.
[21] Taxonomie-Verordnung, Artikel 8 Absätze 1 und 2.
[22] Taxonomie-Verordnung, Artikel 27 Absatz 2.
[23] [Den Abschlussbericht verlinken.
[24] TEG-FAQ, S. 16.
[25] TEG-FAQs, S. 13.
[26] Taxonomie-Verordnung, Artikel 8 Absatz 4.
[27] Disclosure-Verordnung, Artikel 2 Absatz 1.
[28] Taxonomie-Verordnung, Artikel 5.
[29] Taxonomie-Verordnung, Artikel 6.
[30] Taxonomie-Verordnung, Artikel 7.
[31] Der TEG-Abschlussbericht über die EU-Taxonomie (der “TEG-Abschlussbericht”), Absatz 3.3.1. Für den Text des TEG-Abschlussberichts klicken Sie bitte hier (nur auf Englisch).
[32] Taxonomie-Verordnung, Artikel 27 Absatz 2.
[33] https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/jc_2021_22_-_joint_consultation_paper_on_taxonomy-related_sustainability_disclosures.pdf
[34] TEG FAQs, S. 10.
[35] TEG FAQs, S.18.
[36] TEG-Abschlussbericht, Absatz 3.2.8 und TEG-FAQs, S.11.
[37] Taxonomie-Verordnung, Erwägungsgrund 59.
[38] TEG-FAQ, S. 8

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