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Regierungsentwurf des EEG 2021 – ein Überblick20 October 2020

Am 23. September 2020 hat das Bundeskabinett den Entwurf der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) verabschiedet (nachfolgend: Regierungsentwurf). Das in weiten Teilen neugefasste EEG 2021 soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten und muss noch vom Bundestag und vom Bundesrat angenommen werden. Der Regierungsentwurf lässt jedoch bereits erste Rückschlüsse auf die wahrscheinlichen Inhalte des EEG 2021 zu. Die wesentlichen Änderungen und Neuerungen stellen wir nachfolgend vor, wobei die Übersicht keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und sich vor allem auf die unmittelbar vergütungsrelevanten Themen beschränkt.

"Die gesamte in Deutschland (einschließlich der Ausschließlichen Wirtschaftszone) produzierte und verbrauchte Energie soll vor 2050 treibhausgasneutral sein."

1. Änderung der gesetzlichen Zielvorgaben

a) Treibhausgasneutralität bis 2050
Im EEG 2021 gibt der Gesetzgeber erstmals das Ziel „Treibhausgasneutralität“ vor. Die gesamte in Deutschland (einschließlich der Ausschließlichen Wirtschaftszone) produzierte und verbrauchte Energie soll vor 2050 treibhausgasneutral sein.

b) Anteil des EE-Stroms am Bruttostromverbrauch
Der Regierungsentwurf gibt weiterhin vor, dass der Anteil an erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 bei 65% liegen soll. Aufgrund des vorstehend genannten Ziels der Treibhausgasneutralität bis 2050 ist eine Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2050 nicht länger als Zielvorgabe im Regierungsentwurf enthalten.

2. Änderungen in Ausschreibungsverfahren

Um die gesetzlichen Zielvorgaben zu erreichen, sieht der Regierungsentwurf eine Anpassung der schon bisher vorgesehenen Ausschreibungsvolumina vor. Diese werden grundsätzlich gegenüber dem EEG 2017 erhöht.

Eine echte Neuerung sieht der Regierungsentwurf im Bereich Solar vor. Die Ausschreibungsfreigrenze für sog. Gebäudesolaranlagen wird um 250 Kilowatt von 750 Kilowatt auf 500 Kilowatt abgesenkt. Für Freiflächen-Solaranlagen bleibt es hingegen bei der Grenze von 750 Kilowatt.

Daneben sieht der Regierungsentwurf eine Änderung bei den Maximalgebotsmengen vor. Bei Solaranlagen darf die Gebotsmenge zukünftig 20 Megawatt nicht überschreiten. Für Freiflächenanlagen bedeutet dies eine Erhöhung um 10 Megawatt. Allerdings gilt diese 20 Megawatt-Grenze zukünftig für sämtliche Solaranlagen.

3. Erweiterung der Standorte für Anlagen für erneuerbare Energien

Um den erweiterten Ausbauzielen Rechnung zu tragen, sieht der Regierungsentwurf vor, dass zukünftig mehr Standorte potentiell für den Bau einer Anlage für erneuerbare Energien interessant werden.

a) Freiflächen-Solaranlagen
In Bezug auf Freiflächen-Solaranlagen soll die mögliche Entwicklungsfläche neben deutschen Autobahnen und Eisenbahnstrecken, wo Solaranlagen gebaut werden und an Ausschreibungsverfahren teilnehmen können, von 110 auf 200 Meter vergrößert werden.

b) Windenergieanlagen an Land
Der Regierungsentwurf führt einen Korrekturfaktor ein, der den Bau von Windenergieanlagen an Land auch an Standorten wirtschaftlich werden lässt, die nur über einen geringen Windertrag verfügen. Die geringeren Stromerträge werden (zumindest teilweise) durch die Einführung eines neuen Korrekturfaktors von 1,35 für Standorte mit einem Gütefaktor von 60% ausgeglichen. Der Korrekturfaktor kann die niedrigeren Stromerträge möglicherweise nur teilweise kompensieren, soll jedoch erreichen, dass besonders kostengünstig zu erschließende Standorte mit weniger Wind bei Ausschreibungen mit windstärkeren Standorten wettbewerbsfähig sind.

"Dazu sieht der Regierungsentwurf vor, dass mindestens 15% (2021-2023; ab 2024: 20%) des für Windenergieanlagen an Land vorgesehenen Ausschreibungsvolumens auf die genannten Regionen entfallen."

4. Spezifische Ausbauförderung in Süddeutschland

Damit sich die bereits jetzt bestehenden Netzengpässe in der Mitte Deutschlands nicht noch weiter auswirken (Stichwort: „Redispatch“), sieht der Regierungsentwurf vor, dass der Ausbau von Windenergieanlagen an Land und Biomasseanlagen insbesondere in Süddeutschland (Bayern, Baden-Württemberg, Saarland sowie Teile von Hessen und Rheinland-Pfalz) gefördert werden soll („Südquote“). Dazu sieht der Regierungsentwurf vor, dass mindestens 15% (2021-2023; ab 2024: 20%) des für Windenergieanlagen an Land vorgesehenen Ausschreibungsvolumens auf die genannten Regionen entfallen. Für Biomasse soll sogar eine Südquote von 50% gelten. Zudem sollen für Biomethananlagen in der Südregion besondere Ausschreibungsvorgaben gelten (u.a. ein eigener Maximalgebotswert von 19,0 ct./kWh, der sich jährlich um 1% gegenüber dem Vorjahreswert verringert).

5. Lockerung der Realisierungsfristen

Aufgrund der häufigen Drittwidersprüche und Klagen gegen die (immissionsschutzrechtlichen) Genehmigungen für Windenergieanlagen an Land und Biomasseanlagen plant der Gesetzgeber, die vorgesehenen Realisierungsfristen zu lockern.

a) Windenergieanlagen an Land
Die bisherigen relativ strikten Regelungen zur Umsetzung des Projekts werden gelockert. Bislang sah das EEG 2017 vor, dass die 30-Monats-Frist zwischen Zuschlag und Inbetriebnahme der Windenergieanlage an Land einmalig verlängert werden kann (ohne dass eine zeitliche Vorgabe für die Verlängerung galt). Demgegenüber soll nach dem Regierungsentwurf eine mehrfache Verlängerung der Frist möglich sein, wobei die Maximaldauer aller Verlängerungen 18 Monate nicht überschreiten darf. Bei der derzeitigen Dauer von Widerspruchs- und Klageverfahren betreffend die Genehmigungen von Windenergieanlagen an Land, die ca. 2 – 3 Jahre beträgt, ist zu bezweifeln, ob die nun eingeführte Maximalfrist den gewünschten Effekt haben kann.

b) Biomasseanlagen
Für Biomasseanlagen soll zukünftig eine Frist von 36 Monaten statt wie bisher 24 Monaten gelten. Gleichzeitig wird die bisher bereits vorgesehene Möglichkeit zur Verlängerung der Frist auf 48 Monate verkürzt. Bisher galt der Genehmigungszeitraum als maximaler Verlängerungszeitraum.

c) Geothermie
Geothermie wird, wie bisher, keiner Ausschreibungspflicht unterliegen, insofern gilt für Geothermieanlagen nach wie vor keine strikte Realisierungsfrist. Wie auch unter dem EEG 2017 soll eine zügige Realisierung des Projekts durch eine jährliche Degression der Vergütung angereizt werden. Allerdings werden die Degressionsregelungen entschärft. Der Beginn der Degression wird um ein Jahr auf den 1. Januar 2022 verschoben. Zudem reduziert sich der anzulegende Wert nur noch um jährlich um 2% anstatt wie bisher 5%.

Der Regierungsentwurf sieht vor, dass die Betreiber von Windenergieanlagen an Land die betreffende Kommune finanziell am Ertrag beteiligen dürfen.

6. Geänderte Maximalwerte für ausschreibungspflichtige Anlagen

Der Regierungsentwurf sieht Änderungen der Maximalwerte für die Gebote ausschreibungspflichtiger Anlagen vor.

a) Windenergieanlagen an Land
Für Windenergieanlagen an Land soll bei Ausschreibungen zukünftig ein Höchstwert von 6,0 ct./kWh gelten. Gegenüber dem im Jahr 2020 geltenden Wert nach dem EEG 2017 wird der Höchstwert damit um 0,2 ct./kWh abgesenkt. Zudem sieht der Regierungsentwurf eine jährliche Degression um 2%  gegenüber dem jeweils im Vorjahr geltenden Höchstwert vor, die jeweils zum 1. Januar in Kraft tritt. Die bisherige Regelung, die eine Begrenzung auf Basis der höchsten noch bezuschlagten Gebote der Vor-Ausschreibungen vorsah, entfällt.

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"Zudem sieht der Regierungsentwurf eine jährliche Degression um 2%  gegenüber dem jeweils im Vorjahr geltenden Höchstwert vor, die jeweils zum 1. Januar in Kraft tritt."

b) Freiflächensolaranlagen (Solaranlagen des ersten Segments)
Für Freiflächen-Solaranlagen sieht der Regierungsentwurf zunächst einen Höchstwert in Höhe von 5,90 ct./kWh vor. Ab dem 1. Januar 2022 soll sich der Höchstwert dann aus dem um 8% erhöhten Durchschnitt des jeweils höchsten noch bezuschlagten Gebotswertes der letzten drei Gebotstermine berechnen, wobei auch dabei eine Höchstgrenze von 5,90 ct./kWh gelten soll.

c) Gebäudesolaranlagen (Solaranlagen des zweiten Segments)
Für Gebäudesolaranlagen sieht der Regierungsentwurf zunächst einen Höchstwert in Höhe von 9,00 ct./kWh vor. Ab dem 1. Januar 2022 soll sich der Höchstwert ebenfalls dann aus dem um 8% erhöhten Durchschnitt des jeweils höchsten noch bezuschlagten Gebotswertes der letzten drei Gebotstermine berechnen, wobei auch dabei eine Höchstgrenze von 9,00 ct./kWh gelten soll.

7. Finanzielle Beteiligung der Kommunen

Der Regierungsentwurf sieht vor, dass die Betreiber von Windenergieanlagen an Land nach einem entsprechenden Zuschlag die betreffende Kommune finanziell am Ertrag beteiligen dürfen. Vorgesehen ist grundsätzlich eine einseitige Zuwendung in Höhe von maximal 0,2 ct./kWh für die tatsächlich erzeugte Strommenge. Die entsprechende Zuwendung kann dann im Rahmen der Jahresendabrechnung an den Netzbetreiber weitergereicht werden. Mit dieser Zuwendung sollen vor allem örtliche Widerstände und damit verbundene Widersprüche und Klagen gegen Genehmigungsverfahren reduziert werden.

8. Vergütung bei negativen Marktpreisen

"Der Regierungsentwurf sieht nun vor, dass der anzulegende Wert bereits dann auf Null sinkt, wenn der Preis am Spotmarkt eine Stunde lang negativ ist."

Ein vieldiskutierter Änderungsvorschlag betrifft die Regelung zur Vergütung in Zeiten negativer Marktpreise. Unter dem EEG 2017 wurde der anzulegende Wert auf Null gesenkt, wenn die Preise am Spotmarkt mindestens sechs aufeinanderfolgende Stunden negativ waren. Der Regierungsentwurf sieht nun vor, dass der anzulegende Wert bereits dann auf Null sinkt, wenn der Preis am Spotmarkt eine Stunde lang negativ ist. Sollte dieser Vorschlag umgesetzt werden (was derzeit noch kontrovers diskutiert wird), würde die neue Regelung nur für solche Anlagen gelten, die nach dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen wurden bzw. deren Zuschlag nach diesem Datum erteilt worden ist. Alte Anlagen unterliegen weiterhin der 6-Stunden-Regelung.

9. Höhe der Entschädigung bei Redispatch

Nach dem Regierungsentwurf wird das EEG 2021 die Vorgaben der Erneuerbaren-Energien-Richtline im Hinblick auf die Höhe der Entschädigungen bei Redispatchmaßnahmen des Netzbetreibers umsetzen und zwar auch für Anlagen, die vor dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen wurden oder deren Zuschlag vor dem 1. Januar 2021 erteilt wurde. Anstelle des bisher geltenden Selbstbehaltes i.H.v. 5% der entgangenen Einnahmen sollen diese zukünftig zu 100% ersetzt werden. Das entspricht auch der derzeitigen Praxis der meisten Netzbetreiber.

10. Wasserstoff und EEG-Umlage

Kontrovers diskutiert wird derzeit noch, ob – wie in der nationalen Wasserstoffstrategie vorgesehen – Elektrolyseure, die sog. grünen Wasserstoff erzeugen, von der EEG-Umlage vollständig befreit werden. Das Bundeswirtschaftsministerium präferiert demgegenüber eine Einbeziehung in die Regelungen zur Besonderen Ausgleichsregelung (unter Anwendung der für die Inanspruchnahme geltenden Schwellenwerte). Sollte es dazu kommen, könnte nur ein Teil der Unternehmen von einer entsprechenden Regelung profitieren.

"Danach soll das Recht auf vorrangige Einspeisung des erzeugten Stroms auch nach Ablauf des Förderzeitraums von 20 Jahren (zzgl. des Inbetriebnahmejahres) erhalten bleiben."

11. Förderung des Weiterbetriebs

Bleibt es bei den Vorschlägen des Regierungsentwurfs, wird ein EEG zum ersten Mal Regelungen enthalten, die den Weiterbetrieb der Anlagen nach Auslaufen des ursprünglichen Förderzeitraums betreffen.

Danach soll das Recht auf vorrangige Einspeisung des erzeugten Stroms auch nach Ablauf des Förderzeitraums von 20 Jahren (zzgl. des Inbetriebnahmejahres) erhalten bleiben. Anlagenbetreiber sollen nach Ablauf des Förderzeitraums eine Einspeisevergütung in Höhe des Jahresmarktwertes abzüglich einer Vermarktungspauschale in Höhe von 0.2 ct./kWh erhalten können. Um eine Vergütung zu erhalten, müssen die Anlagenbetreiber den gesamten erzeugten Strom in das Netz einspeisen und dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen. Der Zeitraum, in dem Anlagenbetreiber nach Ende der ursprünglichen Förderfrist eine Vergütung erhalten können, ist jedoch begrenzt. Anlagenbetreiber können eine Vergütung verlangen

  • bis zum 31. Dezember 2021 für Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 Kilowatt und
  • bis zum 31. Dezember 2027 für Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 100 Kilowatt.

Viele der Regelungen des vorliegenden Regierungsentwurfs werden derzeit noch kontrovers zwischen verschiedenen Verbänden und der Bundesregierung sowie dem Bundeswirtschaftsministerium diskutiert. Gerade die Regelungen zur Vergütung bei negativen Strompreisen und zum Weiterbetrieb der Anlagen werden von vielen Marktteilnehmern als unzureichend empfunden. Auch die Förderung von Wasserstoff geht vielen Verbänden nicht weit genug.

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